Thema: Erwachen, Eintrag 10, 13.02.2004

Ich deute die Erleuchtungserfahrung als einen psychologischen Betriebsunfall, oder als einen intellektuellen Kurzschluss beim unterbewussten Stolpern über ein Paradoxon oder vielleicht schlicht als Nervenzusammenbruch.

Kurzschluss: ja - Intellektuell: ?? Ich hatte schon oft das Empfinden, als ob da ein energetischer Kurzschluss stattfinden würde - ganz physisch im Gehirn allerdings (in der Welt der Materie). Und in der Welt der Wahrnehmung: Ebenfalls Kurzschluss - wenn eben die Quelle der Wahrnehmung (die Wahrnehmung selbst) die Aufmerksamkeit auf sich selbst richtet - (und dort gleich einem schwarzen unendlichen Loch nichts zu finden ist ??).

Man könnte allerdings auch folgerichtig sagen, dass sich eben, sagen wir's mal aus neurologischer Sicht: sich gewisse neuronale Netze (Glaubens- und Persönlichkeits-Strukturen) in einem "Flash" wie du sagst AUFLÖSEN (ins Nichts natürlich), damit eine den ganzen Körper erschütternde Energie-Entladung einhergeht (==> Kundalini), und das ganze "alte" Denk- und Ich-Muster damit einfach non-existent wird (was es ja vor diversen Eso- und Spirit-Trips ohnehin war ... - und somit wieder zu seinem anatomischen Ursprung (im Extremfall: neugeborenes Baby) zurückkehrt.

Kann man schon mit deiner Psycho-Theorie verbinden - da werden langsam und mehr und mehr irgendwelche Unmöglichkeiten aufgebaut (Glaubenssysteme u.a.), bis sie nicht mehr "haltbar" scheinen - und damit losgelassen werden müssen (Entladung).

Ist auch nur ein Mindfuck natürlich - halt aus anatomischer Sicht.

Und wenn dann die Welt, die man bis dahin aus hypnotischer Sicht wahrgenommen hat, in diesem kurzen Augenblick als ICH BIN DAS wahrgenommen wird, könnte man sagen: man sieht in diesem kurzen Augenblick eben jene Welt der eigenen Projektionen, die man selbst mühevoll aufbaute - und natürlich ist man dann diese GANZE Welt - kurz, bevor sie wie eine Seifenblase im Nichts zerplatzt. *gg*

Ja, und was 'bleibt' ist dann einfach nur ein eben ganz normaler Mensch (wieder), ein bisschen staunend, ein bisschen verdutzt - ein bisschen mehr Demut, ein bisschen weniger (oder eben gar kein) Wissen.

Und die von dir geschilderte Theorie erklärt auch wunderbar das Phänomen, das ein jeder den Weg, den er ging, als "hat nicht funktioniert - musste losgelassen werden" bezeichnet - während jedoch andere (vor allem jene, die diesen Weg noch gehen) natürlich darauf beharren, dass nur durch den Weg das Ziel erreicht werden konnte. Im Wesentlichen stimmt ja beides: die Probleme hat man sich ja erst durch den Weg geschaufelt - eben verbohrt wie ein Pflug, bis es nicht mehr ging.

Und trotzdem neige ich dazu, mich als "freier" (oder zumindest als "anders") zu bezeichnen, als ich auch vor meinem langen "spirituellen Pfad" war. Also auch freier oder anders als z.B. als Jugendlicher. Es ist mit dieser Neuro-Auflösung viel mehr weggefallen, als nur der spirituelle Trip. Im Prinzip ist es schon auch aus anatomischer Sicht ein Todeserlebnis - denn auch im physischen Tod löst sich die erworbene Persönlichkeit durch die Entspannung der neuronalen Netze (erstmal) komplett auf. Da man ja (oder zumindest viele) zeitlebens mit dieser Persönlichkeit identifiziert war - stirbt diese - und in der beschriebenen Erfahrung stirbt sie eben auch - trotz weiterexistentem Körper.

Irgendwie ist es eine Art "Reset" - ein Neubeginn - von Grund auf - nur lernt man wesentlich schneller - aber alles ist neu zu lernen. Auch wenn Erinnerungen da sind (an "früher" und an die "Geschichte dieses Körpers"). Die Fähigkeit des Verstehens ist größer - plumpe Glaubens-Systeme werden eher durchschaut. Ich hatte wirklich das Gefühl und auch die Erfahrung, ich (also: ICH) hätte mindestens ein Jahr (oder gar fast zwei) nicht wirklich sprechen können. Wie ein Baby eben. Ist nur so ein Gefühl - hat aber was und fühlt sich sehr real an (so gesehen bin ich noch nichtmal in der Pubertät. *gg*

Man kann aber daran erkennen, dass sich eben auch wieder eine Art 'Persönlichkeit" ausbildet (Denkmuster, Ich-Muster etc.) - es ist aber bedeutend MEHR Bewusstheit und auch Demut da, als beim "Ersten Mal". Der Vergleich ist fast wie jener von Menschen zu Tieren. Auch Tiere werden als "sich selbst nicht bewusst" bezeichnet. Und ich war mir meiner Selbst (beim ersten Durchgang) eben auch nicht bewusst. Nicht wirklich bewusst. Und ich denke, und das kann durchaus sein, dass andere von Kindheit auf bewusst bleiben - für die gibt es dann keine "Erleuchtung".

Manchmal allerdings kann ich auch überhaupt keinen Unterschied zu 'früher' feststellen - ach! - so what.

Danke fürs Nachfragen.


Noch ein Nachtrag zu "Demut", "Wille" und "Freiheit":

Man könnte nun meinen - so wie du es auch beschrieben hast, dass dann mehr "Freiheit" da wäre, das zu tun, was man wirklich will, das zu tun, was man eigentlich immer tun wollte (und sich nicht getraute usw. es zu tun).

Dem ist nicht so. Prinzipiell ist es zwar so, dass diese Freiheit potenziell da wäre, jedoch: Der Wille danach ist nicht da. Zumindest lange Zeit nicht. Lange Zeit ist alles okay, so wie es ist. Da gibts dann nichts zu verbessern. Da ist dann nichts mehr, 'was man immer schon tun wollte.' All das wird zwar nach wie vor erkannt und auch gedacht, aber im Gegenteil viel weniger getan als zuvor - eben, weil es einem eigentlich im Großen und Ganzen grundlos 'immer gut geht' (meist zumindest) - und oft jeder Wunsch nach Veränderung samt dem damit zusammenhängenden Tun als bei weitem unbewusster und weniger angenehm empfunden wird, als eben das 'einfache Nur-Sein'.

Die Kunst besteht dann darin, dieses einfache Nur-Sein während des aktiven Tuns beizubehalten. Man tut dann nicht mehr, um etwas zu erreichen, sondern alles ist schon da und man tut eben trotzdem (und nicht: wegen).

Der persönliche Wille mag ebenfalls noch da sein, doch ist da auch diese Demut "Herr, ich beuge mich deinem Willen". Der Wille führt also nicht mehr unbedingt zur Tat. Denn man weiß, was geschehen soll ist nicht zu vermeiden - was nicht geschehen soll nicht zu erzwingen. Und natürlich spielt man hier und dort auch Werkzeug dafür, was geschehen soll. Die eigenen Grenzen werden nicht mehr versucht, zu überschreiten (also so gesehen: weniger 'Freiheit').

Zudem ist immer ein gewisses Gefühl dabei, beim Handeln ein unpersönlich Handelnder zu sein. Man handelt nicht mehr so sehr aus persönlichen Motiven, und selbst wenn man es tut, dann im Bewusstsein, dass es in Wahrheit eben doch keine persönlichen Motive sind - sondern nur dieses 'Ego' kurzfristig konstruiert da benötigt wird (um dann wieder losgelassen zu werden). Außer man stößt an Grenzen: Dann hat man sich wieder mal im Ego verbohrt (passiert mir auch hin und wieder).

Es ist alles eine Art Spiel - hat nicht mehr diese 'Wichtigkeit'. Wenn das Wohlgefühl nachlässt - lässt man auch die Handlung. Die Handlung führt nicht mehr zu Wohlgefühl - sondern wird (s.o.) eben getan während eines (quase permanenten) Wohlgefühls - braucht also kein Ziel mehr zu erreichen. Und DAS ist die 'wahre' Freihei'. Die Handlung wird zum Spiel.

Da man mit der Handlung nichts mehr verbessern kann, ist es auch völlig egal, WAS man handelt. Und dadurch erscheinen manche 'Erleuchtete' irgendwie 'Egolos' - weil sie scheinbar selbstlos für andere handeln. Das 'Geheimnis' ist aber: Die Befriedigung ist ja schon da - da lässt es sich leicht selbstlos sein und was bleibt dann noch zu tun, als (scheinbar) 'Leidenden' zu helfen ?? - es scheint die einzige Daseinsberechtigung zu sein. Und natürlich !! kümmert man sich auch nach wie vor um den Fortbestand des eigenen Körpers - Opfer für irgendeine 'bessere Zukunft' gibt es aber keine oder kaum mehr - denn die ist schon längst da - auch wenn man oft das Spiel mitspielt und auch selbst wieder daran glaubt.

Z.B.: Manchmal denk ich mir schon: "hey, cool, wär toll mal wieder einen Sportwagen zu haben oder fahren." Da würden die Endorphine kurz wieder mal verrückt spielen. Ich würd aber nur ungern dafür Opfer erbringen. Wenns leicht geht, dann ja. Und vielleicht wäre das 'Desire' schon mit einer einzigen Fahrt wieder befriedigt - keine Ahnung.

Generell liebe ich es allerdings mittlerweile 'ruhig dahintröpfelnd' - nur keine Aufregung. *gg* Überspitzt gesagt: Wirklich rundum gut gehts mir im Tiefschlaf oder Meditation - da ist alles da - all das, was auch sonst permanent immer da ist - nur vom Spiel überlagert und manchmal übersehen wird.


Und noch was fällt ab: Das Gefühl der Ruhelosigkeit, der Rastlosigkeit. Das Gefühl immer was tun zu müssen, da man ansonsten was verpassen könnte. Nun ist eher oft das Gegenteil: Man hat das Gefühl, man würde sich selbst verpassen, wenn man sich zu sehr in Handlungen verliert und das tut man dann auch wieder: nur um sich dann eben in genau diesen Handlungen wiederzufinden - um zu erkennen, dass auch die Handlungen OKAY sind - man in den Handlungen AUFGEHT, mit den Handlungen EINS wird - wie beim Zen-Bogenschiessen.

Aber wenn wieder Reset da ist - genießt man diesen einfach - ohne was tun oder verändern zu wollen oder müssen. Eine süße Leere ist dies dann - gefüllt mit einer Süßigkeit die von nirgendwo zu kommen scheint, einfach so da ist, vielleicht immer schon da war, aber von mir nicht wahrgenommen wurde - einem süßen, wohligen Gefühl. Ob mit oder ohne Gedanken, ist dann völlig egal. Die können dann auch geschehen.

Ach ja, und noch was: Es gibt auch nichts mehr 'herauszufinden'. Egal ob man nun grade was 'verstanden' hat oder nicht - das ist einfach kein 'Problem' mehr. Weder aktiv im Leben - noch durch Grübeln. Verstehen geschieht (manchmal). Und manchmal gibts auch diesen oder jenen Flash. Aber man sucht nicht danach. Es geschieht - ungewollt, ungeplant. Macht die 'Person' oder den 'Körper' (sag ich jetzt mal frech) einfach irgendwie 'runder'. Zuvor war er schon rund, jetzt ist er noch runder. Und es geht noch mehr runder - weil es sich bisher schon immer perfekt rund angefühlt hat bevor es dann 'noch runder' wurde (macht das Sinn? Wird das Verstanden ??) Aber da ist kein Drang mehr danach, 'noch runder' zu werden - da man es ja schon ist (subjektiv und auf der Zeitskala).

Einerseits kann ich nicht sagen, dass ich im Leben was 'verpasst' habe, alles ist und war perfekt, wie es ist und war. Da fehlt einfach nichts. Da ist nichts mehr zu erreichen. Und doch lebe ich recht gerne - existiere ich recht gerne - und freue mich dieses DA-SEINS. Von Moment zu Moment, von Augenblick zu Augenblick. Mache gerne auch noch diese oder jene Erfahrung - und jede ist neu. Da ist selten was altes dabei. Manche sind 'ganz neu' (also auch vom außen betrachtet) - das ist dann schön und auch angenehm aufregend. Manche scheinen 'alt und wiederholt' und sind trotzdem auch jedesmal neu. In gewisser Weise kein Unterschied - in mancher Weise liegen auch Welten dazwischen. Im wesentlichen erfahre ich das Leben, erfahre ich das Mensch-Sein an sich. Und das ist schön und macht Freude. Auch wenn es manchmal mit Leid verbunden ist.

Irgendwie ist das alles wirklich eine herrliche 'Draufgabe'. Und dafür bin ich 'Gott' auch sehr dankbar.

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